wandel durch annäherung (2)

bei „menschen bei maischberger“ ging es gestern um scientology. die sendung war unfassbar schlecht, weil die mehrzahl der anwesenden extrem schlecht auf die sendung vorbereitet war und nur auf einer äußerst oberflächlichen ebene diskutiert wurde.
die vollen 75 min. drehte es sich eigentlich nur um 2 fraktionen und ansichten: die eine, u.a. durch den kommenden ministerpräsidenten bayerns, beckstein, vertretene position, näherte sich der psychosekte ausschließlich über die staatsmännische ebene mit den üblichen – im übertragenen sinn – wahnbildern krakenähnlich einflussnehmender geheimorden, die das politische und wirtschaftliche system verfassungsfeindlich unterwandern.


die andere position in vollendeter eierkuchen-mission, u.a. erneut vertreten von dem einfach fast unerträglich egalitären fernsehpfarrer fliege, der genau den von j. wertmüller in der letzten „bahamas“ als so verhängnisvoll und tendentiell mörderisch herausgestellten, allgemeinen und nicht nur feuilletonistischen hang zur sogenannten „äquidistanz“ verkörpert.
fliege hat den schlechten witz, scientology als religionsgemeinschaft zu verkaufen, nicht nur schon vollständig verinnerlicht, aus persönlich-psychologischen gründen, die er nicht vollständig offengelegt hat (abgesehen von einem querverweis auf den angeblich alles ausdiskutierenden jesus christus und religiösität im fortgeschrittenen mannesalter), er „argumentiert“ in der jüngsten maischberger-sendung wie in der show mit der ahmadiyya-sekte. der erste schritt zu der von ihm angestrebten „verständigung“ zwecks vollendung des paradiesischen idealzustandes der gleichmacherei ist die von ihm seit jahrzehnten überstrapazierte pseudo-empathie, mit der er, nicht sein mutmaßliches gegenüber, sinnlos und irreführend über die angeblichen motive angehender hubbard-fans philosophiert. sein schema ist seine mission, der gegenstand ist relativ belangloses mittel zum höheren zweck. damit gleicht fliege nicht nur in seiner rhetorischen penetranz des gutmenschen der mehrheit der deutschen linken, auch der handlungsablauf ist identisch mit den quasi „anti-islamophoben“ oder den friedensbewegten, die „kriegspropaganda gegen den iran“ ablehnen.
berechtigte nachfragen von ursula caberta (autorin „schwarzbuch scientology„), was ihn denn eigentlich für seine öffentlichen selbstgespräche qualifiziert, konnte er nur mit einem verweis auf wikipedia beantworten. immerhin.

was mich aber auch unter tendentiell wohl als „antideutsch“ bezeichneten (ex-)linken irritiert hat, ist die indirekte parteinahme zugunsten (oder immerhin der verharmlosung von) scientology ((so gesehen u.a. ebenfalls in „bahamas“ und wesentlich differenzierter in der jungle world)), motiviert durch opposition gegen die durch beckstein bestens personifizierte, auch von antiamerikanismus durchsetzte deutsche verschwörungsparanoia, wie sie auch gegenüber den angeblich bösen freimaurern bekannt ist.
denn durch die weinerliche rolle als angeblich verfolgte gerät scientology erst in eine position, die ekelhafte kampagnen erzeugte, die in den köpfen von „bahamas“-redakteuren und anderen scheinbar nicht so präsent sind wie etwa die womöglich auf ewig tierrechtlerinnen disqualifizierende „peta“-kampagne, welche massentierhaltung mit konzentrationslagern verglichen hatte. auch scientology kokettierte bis auf unterlassungsklage mit ihrem angeblich dissidenten status als moderne juden. die in deutschland offenbar nicht immer einfachen expansionsversuche verkaufte die sekte als kampf der religionsfreiheit gegen die deutsche post-ns-kontinuität. und obwohl es deutsche kontinuitäten natürlich gibt und zwar in vielfacher hinsicht, benutzt scientology den bezug geschichts- und emotionslos wie eine auszeichnung für propagandazwecke.


was fliege als evangelischer pfarrer offensichtlich nicht weiß, ist, dass die von ihm väterlich verteidigte organisation der anders, aber wenigstens scheinbar irgendwie gläubigen gewissermaßen in der tradition seiner erzfeinde steht. ne, nicht der juden, sondern der satanisten, zumindest in bezug auf das, was anton szandor lavey unter diesem label mit seiner „church of satan“ ausgerufen hat. lavey und hubbard mochten sich und die glaubensgrundsätze der „satanischen bibel“ könnten auch scientologische überzeugungen sein:

„1. Gesegnet sind die Starken, denn sie werden die Erde besitzen – verflucht sind die Schwachen, denn sie werden unter das Joch kommen!
2. Gesegnet sind die Mächtigen, denn sie werden von den Menschen verehrt werden – verflucht sind die Schwachen, denn sie werden ausgelöscht werden!“
[… im prinzip alles dasselbe …]
„4. Gesegnet sind die Siegreichen, denn der Sieg ist die Grundlage des Rechts – Verflucht sind die Besiegten, denn sie werden für immer Vasallen bleiben!“

quelle: „die satanische bibel“ von anton szandor la vey 1969


bild entnommen bei ingo-heinemann.de
aber gut, auch ohne satan ist scientology eine faschistische organisation. weniger ein spezifischer und meinetwegen grundsätzlich suspekter gottesglaube steht im mittelpunkt, es handelt sich zunächst um ideologie:
die ideologie fußt nicht auf einem frühjahrsputz des geistes, den man abonnieren kann („wir nutzen nur 10% unseres geistigen potentials“), wenn man dumm genug dafür ist, sich darauf einzulassen. das system der „dianetik“ ist ein hierarchisches system, wobei die „clearen“ eindeutig über den unreinen stehen, welche noch immer mit dem zu hadern haben, wovon die lehre des groschenheftroman-autors hubbard angeblich befreit: ängste, frustrationen, gelüste, laster – mehr oder weniger sämtliche emotionalen affekte und damit wesentliche bestandteile von subjektiver individualität.
und es ist nicht nur ein selbstperfektionierungsprogramm, das jeder nach finanzieller kapazität verfolgt, sondern es ist vor allem die vermittlung eines zusätzlichen leidensdrucks, dass diese selbstoptimierung permanent nötig sei. nicht nur, weil es immer eine höhere stufe gibt, auf der „operierende thetanen“ bereits ein paar meter über der erde schweben, sondern weil auditing und die antrainierte überbetonung des über-ichs inkl. permanenter externer be- und entwertung das eigene ungenügen inszeniert.


bild entnommen bei ingo-heinemann.de

anders als über diese fixierung auf angebliche oder aufgeblähte „defizite“ lässt sich die ruinöse hingabe auch kaum erreichen. anders lässt sich für außenstehende auch nicht kapieren, wieso jemand nicht kopfschüttelnd aussteigt, wenn in den „höheren“ stufen hubbards kerngebiet immer mehr in den mittelpunkt rückt und die lustigen psychospielchen langsam von märchen über außeridische, wiedergeburten und zeitreisen abgelöst werden.

die emotionale aber unbedachte, oder einfach stupide-borniert-staatsgläubige reaktion, scientology verbieten zu wollen, ist realitätsfern.
scientology davon abzuhalten, ihr hauptinteresse, die mitgliedergewinnung, erfolgreich zu verfolgen, sollte aber ein erreichbares und erstrebenswertes ziel sein. die offenlegung „gehobener“ hubbard-literatur für angehende thetanen kann dabei hilfreich sein: so sollten möglichst viele menschen frühzeitig die bekanntschaft mit xenu machen.

gut zusammengefasst wurde das auch bereits bei „south park“:

…oder sich davon überzeugen, mit welcher angespannten und aggressiven selbstinszenierung der antrainierten „durchsetzungskraft“ lakaien der sekte kritikern gegenübertreten – zu sehen etwa in der doku „scientology and me“ :

die doku hatte ich erstmals gefunden durch „crisco connection„. das dort verlinkte google video ist aber leider mittlerweile von thetanen gelöscht worden, bleibt noch youtube (siehe unten) oder dieser download: .avi, geringe auflösung (320×240), 85 mb, komprimiert mit h264 (zum codec siehe auch hier) und erhältlich bei rapidshare.com.

p.s.: auf eine diskussion darüber, ob star-scientologe tom cruise den deutschen nazi-antihelden spielen „darf“, würde ich mich nicht einlassen. diese diskussion ist vollkommen lächerlich und dreht sich um einen fragwürdigen vaterländischen stolz um die fragwürdige person stauffenberg. der film wird mir auch so tendentiell egal sein wie tom cruise selbst, obwohl dieser durchaus mit konsequenzen für seine „religiöse“ penetranz rechnen muss, wofür ich ihn nicht bedauere. leid tut mir – wenn überhaupt – seine devote gattin katie holmes.


tom cruise in der us-talkshow „oprah“

pt.1

pt.2

pt.3


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