pop: deutschland horst köhler lena meyer-landrut sommermärchen stefan raab
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sommer-albträume I
tut mir leid, aber ich bin teilweise ziemlich sprachlos darüber, was alles passiert. hier dazu erstmal nur spontanes gestammel in zwei teilen.
am wenigsten interessant finde ich den rücktritt des horst köhlers.
lenas gewinn beim „eurovision song contest“ hingegen war bereits am samstag für meine gefühlswelt zuviel des „guten(?)“. der zenith ist überschritten, der scheitelpunkt beginnt sich zu kämmen und eklig wurde der freudentaumel um den „sieg“ auch sehr schnell.
via „bubi zitrone„
was in der castingshow „unser star für oslo“ noch durchaus ungewöhnlich und nett war für sendungen des genres, auch angesichts der freien, eher „indie“-mäßigen songauswahl, teilweise der performance selbstgeschriebener, meistens recht guter songs der kandidatInnen, dem möchtegern-cockney-english lenas und so, ist inzwischen versaut, nachdem die vermeintliche „nationale aufgabe“ (usfo-selbstbeschreibung) zu einem „nationalen konsens“ erklärt ist, dem selbst der wenig vorteilhafte cdu-ministerpräsident wulff in einem fahnenmeer gratuliert. wenn lena dann noch lustige sprüche wie „alter finne!“ o.ä. ins „goldene buch“ der stadt hannover schreibt, hat sich der running gag längst totgelaufen. lena hat dadurch längst ihre viel proklamierte „unschuld“ verloren. denn was anfangs individuell bezaubernd wirken konnte, wird als instrumentalisierte institution schnell abgenutzt und unglaubwürdig. als angebliche „kollektive bezauberung“ versammeln sich hinter ihr zunehmend die falschen. die, die sich primär hinter einer fahne zu versammeln bereit sind.
genau das unterstützt stefan raab, wenn er nun lena bereits festschreibt als vorzeige-deutsche für 2011, während das öffentlich-rechtliche fernsehen eigentlich mit einer ganz neuen staffel der vorentscheidungs-show geplant hatte.
der sofort einsetzende streit um den ausgetragungsort von esc2011 ist auch lachhaft. provinzstadt hannover wirbt etwa damit, daß sie lenas „heimat“ sei. ist das ein argument genug, menschen aus dutzenden ländern ausgerechnet dahin reisen zu lassen? aus so was spricht der lokalpatriotische größenwahn. der unterhaltungswert für internationale gäste wäre sicher in berlin oder hamburg höher.
faszinierend auch die tatsache, daß lena & raab in hannover den versuch einer mutmaßlich ambivalent gemeinten patriotischen äußerung unternahmen, in dem sie den bei „tv total“ anfang des vergangenen jahrzehnts verwursteten track „ich liebe deutsche land“ dem fahnenwedelnden publikum entgegensangen.
die nicht unsympathische verna mae bentley-krause wirkt im orginal wie der verzweifelte assimilierungsversuch einer segregierten migrantin vor einer hässlichen deutschen 80er-gardine, in dem sie unter anderem „deutsche wurst“ und „deutschen wein“ lobpreist:
wie wiederum diese reminiszenz im vergleich zum lenaistischen nationalstolz von der masse verstanden wird, ist unklar. im schlimmsten und nicht unwahrscheinlichen fall führt die vermeintliche lächerlichkeit der differenz, die „echten“ nationalstolz von naiven andockungsversuchen von außen zu unterscheiden behauptet, zu einer temporären belustigung und steigerung der eigenen deutschen wollust. viel mehr reflektion ist wohl nicht zu machen.
p.s.: bei „tv total“ ging es montag weiter (mit fähnchen):
irgendwie zündet die selbstironie nicht, oder?
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