mm in b

„this is evolution. the monkey, the man and the gun.“

rockkonzerte habe ich schon viele besucht. der personenkult um den interpreten kann aber kaum größer sein als hier. angeblich sei brian warner aka m.m. vollkommen fertig und kaum mehr in der lage, konzerte abzuhalten. so schlimm war es dann aber nicht.
als marilyn manson mangels eigenem input den depeche mode-hit „personal jesus“ gecovert hatte, war das zwar billig, aber er hat vollkommen konsequent gehandelt. denn ob satanismus oder nicht (brian warner gilt als ehrenmitglied der „church of satan“ – darüber regen sich gerne evangelikale seiten wie diese auf), ohne bibel und katholizismus (warner hatte das schwere schicksal, eine katholische privatschule besuchen zu müssen) wäre seine performance viel weniger relevant. und der kult um die kunstfigur m.m. stand natürlich auch heute, ca. 15 jahre nach der ersten durch trent reznor (nine inch nails) produzierten cd („portrait of an american family„), weiter im mittelpunkt. der diabolische jesus taucht aus nebelschwaden auf und alle werden crazy.
viele menschen halten die musik von marilyn manson inzwischen für irrelevant, darunter erst recht ex-mentor reznor. er bezeichnete manson in einem interview als lächerlichen „dopey clown„.
vor und nach dem konzert im berliner tempodrom hatte ich versucht, mich unter den besucherInnen umzuhören. ich suchte vor allem nach m.m.-fans, die reznors totschlag-urteil in einen kontext setzen können. zuerst sprach ich mit einem flaschensammler, der sein hartz 4-dasein mit dem ansammeln von pfandflaschen bei öffentlichen veranstaltungen aufbessert. denn getränke werden den besuchern am eingang abgenommen. ferner darf man im tempodrom nicht rauchen, deswegen standen dutzende menschen selbst noch während der vorband rauchend vor der halle rum.
der flaschensammler hatte überraschend genaue zahlen: 1,700 tickets seien verkauft. in das tempodrom passen aber 4000 oder mehr.
in allen anderen deutschen städten außer berlin wurde das marilyn manson-konzert in jeweils kleinere hallen verlegt.
die menschen, die ich draußen traf, waren wenig hysterisch. am besten fand ich eine freundschafts-crew aus der schweiz mit einem gast aus den usa:
swiss
die amerikanische dame mit einer gewissen ähnlichkeit mit sarah jessica parker hatte weitgehend nur lobende worte für m.m., das schweizer paar aus einem kanton bei bern waren ausdrücklich liberal. keiner von den dreien allerdings hatte sehr viel ahnung über das gesamtwerk mansons. nur die amerikanerin wusste anzumerken, daß manson ein durchaus denkender und wertvoller mensch sei, daß sein faible für etwa nationalsozialistische symbolik nur popkulturelle kritik sei an der realität, daß manson garantiert kein nazi sei. und sie war überzeugend und bezaubernd, lebte jahrelang glücklich in new york, kein ekliges antiimp-ressentiment war ihr zu unterstellen.

zu ihrer argumentation passt auch der blick auf den t-shirt-stand, der nur als realsatire verstanden sein kann:

shirt
ein reichsadler-shirt ohne hakenkreuz, dafür mit m.m.-emblem. wer damit an ostdeutschen busbahnhöfen schaulaufen will, kriegt vermutlich aufs maul.

vor der show traf ich auch einen ehemaligen sprayer mit seiner jüngeren schwester. er habe erst nach seinen spray-exzessen angefangen, „metal“ und so zu hören.
er war nicht der einzige, der insbesondere mansons coverversionen („sweet dreams“, „personal jesus“) positiv hervorhebte.

eine analyse des manson-werdegangs war mit kaum jemandem zu machen, die meisten menschen zeigten sich konstant zufrieden mit dem werk bis heute. ein mensch aus london mit noch krasseren augenringen als ich sie habe, beschwerte sich lediglich über die nine inch nails. das konzert in der „o2 world“ in london wäre sehr schlecht gewesen.

die vorgruppe „esoterica“ habe ich bewusst verpasst. eine band mit einem solchen namen interessiert mich nicht.
nach dieser band ging ich in den tempodrom-innenraum, ignorierte nicht als einziger die no-smoking-policy und erlebte ein konzert nach drehbuch.
die setlist der vorangegangenen konzerte wurde quasi gar nicht verändert. die band spielt seit wochen die gleiche setlist.

Cruci-Fiction in Space
Disposable Teens
Pretty as a Swastika
Irresponsible Hate Anthem
Four Rusted Horses
Devour
Dried Up, Tied and Dead to the World
Coma White / Coma Black
We’re From America
The Dope Show
Rock is Dead
Sweet Dreams

If I Was Your Vampire
The Beautiful People

es saßen etwa hundert menschen auf sitzplätzen. nicht viel mehr als tausend teilten sich den innenraum. m.m. suchte von anfang an den kontakt zum publikum.
hier ist ein zusammenschnitt der show:


pt.1: cruci-fiction in space / disposable teens / pretty like a swastika

everyone will come to my funeral…to make sure that i stay dead

pt.2: irresponsible hate anthem / four rusted horses / devour / dried up, tied and dead to the world

im direkt-vergleich mit den nine inch nails kann ich nicht behaupten, daß die show dopey oder clowny gewesen wäre, allerdings war sie eben seit monaten immer die gleiche und selbst manson musste zur kenntnis nehmen, daß auch in berlin schlicht das publikum fehlte.
die horror-stories über einen quasi infusions-abhängigen sänger und schweinegrippe-virus-trächtiges gerotze ins publikum sind nicht zu bestätigen.
und die show hat immer noch mehr klasse als jedes alice cooper-revival-konzert.

nach der show traf ich noch ein paar menschen. ich sah vermeintliche nazis in lonsdale-pullis, freak-frauen mit arg viel tüll, aber auch viele sympathische menschen. dennoch wurde ich als „schwul“ identifiziert und mir wurden mehrfach schläge angedroht. das ist spannend angesichts eines an sich androgynen megastars.

song für deppen:

download:

dried up, tied and dead to the world (aus „antichrist superstar„)
the speed of pain (aus „mechanical animals„)
devour (aus „the high end of low„)


related:
  • autolux in berlin
  • deerhunter / black lips @ berlin
  • berlin festival, pt. 2
  • berlin festival, pt.1
  • neurosis in berlin

  • 19 Nov 2009, 3:38
    by vgod


    comment:

    Ich musste lachen 🙂
    Auch bei A place to bury strangers am 1.Dez?

    19 Nov 2009, 11:02
    by dissi


    comment:

    ja!

    19 Nov 2009, 13:46
    by vgod


    comment:

    Weisst du zufällig wo man in B. Tickets für das Konzert kaufen kann? Also nicht online…

    19 Nov 2009, 15:08
    by dissi


    comment:

    ich nehme an bei koka 36 in kreuzberg oder bei hekticket am alexanderplatz oder am zoo und auch am ticketshop in den „schönhauser arkaden“, p-berg.

    19 Nov 2009, 15:46
    by vgod


    comment:

    Danke!

    24 Nov 2009, 0:41
    by Unas


    comment:

    Das sieht ja auf den ersten Eindruck ziemlich gut aus. Auch die setlist ist ziemlich geil. Tut mir irgendwie leid, dass viele hinter der Provokationsvisage die Musik ignorieren. Wobei mir echt nicht alle Alben gefallen.
    „Alice Cooper Revival-Show“? Sorry, aber in SAchen Show kann niemand Alice Cooper das Wasser reichen 😉

    24 Nov 2009, 1:31
    by dissi


    comment:

    naja. meinetwegen trotz respekts gg.über des lebenswerks: marilyn manson ist schon ein bisschen größer, besser und gehaltvoller als alice cooper. oder?
    und um in den termini zu bleiben: noch ist es keine freaky nostalgie-show, die manson abzieht. ich fand sein letztes album nicht schlecht.
    ich kann aber kein alice cooper-album nennen, das ich gut oder künstlerisch relevant fände. sorry.
    vielleicht leben wir auch in verschiedenen zeiten. ich bin da sehr ignorant als ein 90s-boy, referenzen sind nirvana, nine inch nails und so. mit deiner liebe zu u.a. iron maiden, blind guardian und so bist du vielleicht tendentiell eher 80s? jedenfalls hast du ahnung von musik, die in meinem universum schlicht nicht vorkommt. vielleicht liegt das daran.
    p.s.: wäre es so, gibt es keinen 80s-typen, mit dem ich lieber über musik diskutiere. ich wollte dich hiermit nicht beleidigen, okay?

    29 Nov 2009, 21:55
    by Unas


    comment:

    Nein, ich fühl mich nicht beleidigt!
    Und meinen Kommentar beitte auch nicht persöhnlich nehmen.
    Das mit den verschiedenen Zeiten find ich etwas komisch ausgedrückt. ICh würde mich nicht so sehr auf die 80s festlegen lassen. In der Tat kann ich mit den meisten 90s , außer nine inch nails, nichts anfangen. Abgesehen, davon dass ich achtziger mag, kann das ja von duran duran bis iron maiden alles bedeuten. Wenn du mich unbedingt einordnen willst fand ich den Anfang des 21 Jahrhunderts ziemlich gut, da hat sich meiner Meinung nach einiges getan. SO viel dazu.
    Ich denke das Alice Cooper erst mal der erste war der auf der Bühne so nen Rabatts gemacht hat. Das Show Konzept von Marilyn Manson ist ein ganz anderes. Es hat sich halt in eine andere, politischere, gesellschaftlichere Richtung Entwickelt. Alice Cooper ist nur unterhaltsames Theater, sehr Konsequent durchgezogen. Und bevor jetzt die falschen Kommentare Kommen. Ich Finde Marilyn Manson ziemlich gut, und auf keinen Fall musikalisch irgendwie schlechter als Alice Cooper.
    Mein Problem ist folgendes. Künstlerisch relevant? EIn hartes Wort. Ich denke iegendie intersubjektiv Begründbar ist das kaum. Es sei denn man läßt sich auf das Pseudo Intellektuelle Kinddergarten Niveau der Spexxx herab.
    Es ist kein Problenm das wir nun mal jeder für sich viele Sachen hören, mit denne der jeweils andere jnichts anfangen kann. Das ist auch kein Problem. ICh denke nur, dass du da größere Gräben siehst als wirklich da sind. Ich bin offener als ich aussehe 😉 .
    Abgesehen davon meinte ich bei ALice vor allem die Show. Musikalsich find ich ihn zwar auch relevant, aber das hatte ich nicht so gemeint. Was meinst du mit Nostalgie?? Das ist jetzt nciht aggressiv gemeint. Wenn du damit meinst das ALice Cooper “ die lEute wollen 80s ich gebe ihnen 80s!“ praktizirt ,würde ich dir da vollkommen zustimmen. Ich denke aber das sich im Hardrock metal bereich das mit der Nostalgie nicht so al Problem darstellt. Ganz im Gegenteil. Das macht die ganze Sache so schwierig. Mit recht ist es ein Kriterium guter musik im allgemeinen, das es irgendwie spannend bleibt. Im metal hardrock ist es das gegenteil. Die LEute reagieren allergisch wenn sich da irgendwas liebgewonnenes ändert. Das macht das ganze auch so polarisierend.
    So das ist jetzt sehr viel länger als geplant geworden. Jetzt mal im ernst, ich finds gut, dass sich über den Anlass MM so ne Diskussion entspinnt. SO lange es fair bleibt.

    30 Nov 2009, 18:54
    by dissi


    comment:

    das mit den 80s war gemein verallgemeinernd. obwohl es glaub ich zum teil tatsächlich so ist, daß die hair crimes, die spandexhosen und der eunuchengesang ihre hochphase in dieser zeit hatten. meine erste assoziation mit „true metal“. unfair ist es, dieses subgenre als kernstück deiner musikalischen interessen zu behaupten.

    übrigens bin ich ja genau genommen vermutlich noch viel mehr 80s als du. ich bin ja ein paar jahre älter und mag immer noch kram wie the cure, joy division, depeche mode und duran duran.
    touche‘. 😉

    von a. cooper kenne ich außer „school’s out“ halt wirklich nur die 80s-hits wie „poison“ und so.
    vielleicht macht manson in 10 jahren auch werbung für „saturn“. 😉

    30 Nov 2009, 20:45
    by Unas


    comment:

    „das mit den 80s war gemein verallgemeinernd. obwohl es glaub ich zum teil tatsächlich so ist, daß die hair crimes, die spandexhosen und der eunuchengesang ihre hochphase in dieser zeit hatten. meine erste assoziation mit “true metal”. unfair ist es, dieses subgenre als kernstück deiner musikalischen interessen zu behaupten.“

    Als wir uns kennengelernt haben, war das auch mein Kerngebiet. WEnn ich jetzt true metal höre, denkeich oft “ das hätte ich mit 16 total geil gefunden.

    Interessanterweise hab ich in den letzten Jahren meinen Focus innerhalb der Gruft Szene ( da war ich zischenzeitlich total drinne) in der Hauptsache auf Sachen wie Joy Division oder Systers of mercy oder Real life etc. gelegt.

    30 Nov 2009, 21:05
    by dissi


    comment:

    hmm. „real life“ kenne ich gar nicht. „sisters of mercy“ nur aus der disco. dort hatte die band einen gewissen nerv-faktor. wieviele jahrzehnte läuft „temple of love“ bereits jedes wochenende in frankfurter diskos? 🙂
    ein weiterer dekadent-gemeiner spruch: mein wunsch, mich von all dem gewissermaßen zu emanzipieren, wurde in berlin erfüllt. immerhin dieser. in den teenie-emo-discos im „magnet club“ und so kommen die sisters eher selten vor. dafür natürlich viel zeitgenössischer crap wie „paramore“ und so.

    1 Dez 2009, 23:42
    by Unas


    comment:

    Temple of love nervt!!! Aber die Band hat ja auch andere songs. Mittlerweile geh ich kaum noch in „bunte “ discos, insofern bin ich nicht mehr up to date. aber ich habs ewig nicht mher beim weggehen gehört.
    Also „Decode “ von paramore ging nch. der Rest ist echt nur nervig.

    2 Dez 2009, 19:09
    by dissi


    comment:

    was meinst du mit „bunt“? du gehst nur noch zu themenabenden? keine schlechte idee. im „idiot ballroom“ der batschkapp würden wir uns wohl beide sehr langweilen. der „magnet“ geht hingegen einigermaßen. wenn du also demnächst mal wieder in berlin bist und „bunt“ ausgehen willst, begleite ich dich gerne zu den emos da. 😉

    3 Dez 2009, 16:08
    by Unas


    comment:

    Mit Bunt meine ich, so Abende wie Batschkapp,CAve oder so am Wochennde. WO halt nichts wirklich gutes kommt, aber die Orientierung auf Gitarre ausgerichtet ist. Bunt sehe ich hier als Abgrenzung von „schwarz“ Gothic/Gruft im weitesten Sinne oder eben metal, was ja auch nicht bunt ist. Negativbeispiel Bunt NIN Abende im Cave. Das einzige was daran gut was waren die NIN Songs, ansonsten kam da so Kinderkram und denne hats ja auch gefallen. Wenn ich auf Themenabende gehe, dann nur auf sachen wo die Band mit guten anderen Sachen assoziiert wird ( Großartige Bands wie Tool oder NIN, werden von DJs oft mit schlechtem drumrum zugepflastert). Beispiele, Joy Division, Depeche mode ( denn der 80 er Pop drumrum is ja auch ganz cool) oder einstürzende Neubauten ( Da gibts garantiert keinen emocore).

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