statements

ich habe heute, ausstaffiert mit meinem schicken „health„-t-shirt lissy trullie live gesehen. es war toll.
mein lieblingstrack aus ihrer e.p. „self-taught learner“ ist „she said“.

[audio:http://www.kotzboy.com/shesaid.mp3]

(und so sieht lissy aus:)

sie klingt im schlimmsten fall wie amanda palmer („dresden dolls“), wirkt bühnentechnisch so charismatisch wie karen o. („yeah yeah yeahs“), eigentlich ein bisschen cooler, obwohl ich das aktuelle yyy-album der trullie-ep noch bevorzuge.

ich war jedenfalls da mit heiko. ihn mag ich zwar sehr, aber wir haben uns (das scheint in gesellschaft mit mir grundsätzlich früher oder später zu passieren) gegen ende auch ein wenig gestritten. er erzählte mir geschichten aus ostdeutschland und ich erzählte ihm, wie befremdet ich mich doch fühle, daß die wenigen menschen, die ich rassistisch als ostdeutsch sozialisiert einstufe, eine gewisse tendenz aufzuweisen scheinen.
ich fing dann an mit meiner egoistisch-westlichen wunschvorstellung eines „bedingungslosen grundeinkommens“ (bge) for everybody und von meinen horrorerlebnissen bei der pds, als die „arbeit muss das land regieren“ zu plakatieren begann. ich erzählte davon, daß ein paar der sich selbst so einschätzenden „ossis“ kein verständnis hatten gegenüber arbeitsunlust und dem wunsch nach einer humanistischen grundsicherung unabhängig vom assimilationswillen.
leider sprang er voll darauf an. fragte mich auch persönlich, warum ich, der ich offensichtlich nicht hinke, nicht selber hand anlege, um mein leben mittels arbeitskraft zu finanzieren.
aber das hat doch mit bge nix zu tun, sagte ich. der witz ist doch, daß zwar in meiner wunschvorstellung einkommen jeder art (arbeitseinkommen, mieteinnahmen, zinsen, spekulationsgewinne) zu 50% besteuert würden, aber der für von ackermann bis zur sozialhilfeempfängerin gewährte freibetrag von ca. 700-800 euro dafür sorgen würde, daß alle unteren einkommen sich quasi fast verdoppeln und daß der mindeststandard einer fortschrittlichen gesellschaft realisiert wäre, nämlich daß obdachlosigkeit und hunger beseitigt wären, jedes zusätzliche arbeitseinkommen nicht anders beschnitten würde als jenes von besserverdienern und daß die heutigen hindernisse des sprungs raus aus reiner abhängigkeit vom sozialstaat beseitigt wären, daß die diskussion um „lohnabstand“ zwischen niedrigverdienern und alg2-empfängern passe‘ wäre, ebenso wie die diskussion um mindestlohn. „lohn“ würde nicht mehr die existenz bestimmen. die regeln des marktes, von wegen „angebot und nachfrage“, würden sich krass auch auf den arbeitsmarkt auswirken. daß sich eben immer weniger menschen durch niedriglöhne verarschen lassen würden, weil nicht mehr ihr leben davon abhängt.
nebenbei hätten auch prekäre semi-„freiberufler“ wie du und ich wenigstens ein festes grundeinkommen.
von dem damit verbundenen unterschied des alltagserlebens habe ich gar nicht erst angefangen. welchen unterschied es realisitisch machen würde, sich nicht immer verantworten zu müssen über seinen lebenswandel und über die ständige selbstverpflichtung zur verfügbarkeit gegenüber der 1-euro-jobs.
für heiko war das eine grauenvolle vorstellung. und es ging so weit, daß er mir fast reale vorwürfe gegenüber meines derzeitigen snobistisch schnorrerhaften daseins machte, während er in schichtarbeit im krisengeschüttelten sektor des maschinenbaus schuftet.

ein deutsches drama. die unvorstellbarkeit, eine liberale grundvoraussetzung zu schaffen, um die härten des kapitalistischen wahnsinns abzumildern.
für mich zählt nix wie die persönliche freiheit. deswegen bin ich kein antiimperialist. persönliche freiheit heißt nicht planwirtschaft. es heißt nicht, die scharia durchzusetzen. es heißt nicht, in einer (angeblich alternativen) (volks)gemeinschaft aufzugehen. es heißt, daß jeder mensch ein minimum an essentieller förderung erfährt, um sich daraus sein leben bauen zu können. ja, freiheit bedeutet individualismus. ohne individualismus keine freiheit. freiheit ist eine entscheidung von individuen, von freien menschen.
leben soll ja lebenswert sein und so. unabhängig von sexueller orientierung, religion, geschlecht, eltern oder ideologischer irrwege.
und fick die „kultur“.
es gibt keine ausreden. jeder mensch darf frei sein.
alle, die das behindern, müssen bekämpft werden. es ist tatsächlich so einfach.

komisch, daß keine einzige etablierte partei ein „bedingungsloses grundeinkommen“ fordert. das tut im augenblick nur eine rechtsradikale lachnummer namens „partei interim“ mit integrierten rechtschreibfehlern.

parteiinterim

ansonsten geht die partei oder ihre anhänger davon aus, daß „deutschland keine verfassung“ hat.

immerhin hat die fdp auch eine brutal-version vom bge im programm, die allerdings noch weniger lebenswert ist als die hartz 4-regelung. die „linkspartei“ und die „grünen“ hatten mal was durchdiskutiert, sich aber gegen zu viel freiheit entschieden.

und jetzt ist europawahl.
auch dazu will ich was sagen.
ich habe auch den „wahl-o-mat“ betätigt.
ausgerechnet die spd soll ich wählen laut dem ergebnis.
aber natürlich sind die fragen, die für das ergebnis entscheidend waren, nur vom „wahl-o-mat“ ausgewählt gewesen.
wie aber liest sich das, wenn ich special-interest-fragen einbringe wie etwa, wie sich europa gegenüber den antisemitischen visionen des iran oder bezüglich des bislang nicht bestehenden europaweiten verbots der terrororganisation „hizbollah“ verhalten sollte.
darauf hat der „wahl-o-mat“ natürlich keine antworten.

die „deutsch-israelische gesellschaft“ hatte fragebögen verschickt an 254 kandidatInnen für abgeordnetenämter im europaparlament via deutscher listen.
auf die mutmaßliche „israel-lobby“ überhaupt reagiert hatten gerade mal 21, das sind nicht viel mehr als 8%.
repräsentativ ist die beantwortung der dig-fragebögen daher sicher nicht.
das ergebnis allerdings offenbart: es ist nicht die spd, die sich israel-solidarisch verhält. die linkspartei sowieso nicht.
die antworten der linkspartei sprechen sich sowieso kollaborations-technisch rigoros gegen wirtschaftliche sanktionen gegen das mullah-regime im iran aus. ergo: holocaust-leugnung, vernichtungsdrohung gegenüber israel – alles okay.
die spd hat feige wie eh und je praktisch keine einheitliche meinung.

selbst die cdu-ergebnisse sind zwiespältig, denen der grünen ebenbürtig.

was bleibt?
die grünen will ich nicht wählen, sind sie doch ihrerseits bestandteil einer europäischen fraktion teilweise ausgewiesener antisemiten.
ich werde wohl die partei der hässlichen it-techniker in holzfällerhemden wählen: „die piraten„.
die partei“ der „titanic“ tritt ja scheinbar erst wieder zur bundestagswahl an, um „das merkel“ zu bekämpfen.

weitere alternativen zur europawahl: tierschutzpartei, die frauen. oder so.


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  • comment:

    […] Internetnutzer liebäugelt mein inneres Wahlzentrum  nunmehr mit der Piratenparte – Dissi hat seine Überlegungen dazu in eine interessante Geschichte über freundschaftliche Debattenkultur […]

    6 Jun 2009, 16:20
    by heiko


    comment:

    mein lieber dissi,
    ich hatte gehofft das deine zweite version von diesem blog eine alkoholbereinigte, bearbeitete ist aber leider ist dem nicht so und der äußerst bedenkliche satz „..die ich rassistisch als ostdeutsch sozialisiert einstufe..“ blieb bestehen.

    und abschließend möchte ich zu dem thema grundeinkommen all jenen linken weltverbesseren die in der glücklichen lage waren dessen reale umsetzungen im letzten jahrhundert nicht miterleben zu müssen ein zitat eines philosophen deiner heimatstadt nämlich adorno zurufen: „Praxis ist Motor von Theorie, wird nicht von ihr empfohlen“

    6 Jun 2009, 16:25
    by jacky


    comment:

    ah/oi!

    6 Jun 2009, 21:30
    by dissi


    comment:

    hab dir ja schon woanders geantwortet, heiko. schön, daß du nicht mehr sauer bist.
    und nochmal für alle: das „rassistisch“ bezog sich nicht auf die „ostdeutsche sozialisation“, es sollte selbstkritik sein, daß es womöglich „rassistisch“ von mir ist, menschen überhaupt nach ost-/west-sozialisation „einzustufen“.

    7 Jun 2009, 15:01
    by jacky


    comment:

    was macht man eigentlich, wenn das menschen selber machen? ist man so ein kulturrelativist und lässt sich auf die selbstzuschreibung solcher leute ein, beschimpfe mich selber als rassistin oder ignoriere ich die selbstzuschreibung?

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